Bolivien

Der Schulpartnerschaft ein Gesicht geben: Schüler zu Gast in Bolivien

Vier Schülerinnen und drei Schüler des Waderner Hochwaldgymnasiums sind seit dem 18. Oktober auf Begegnungsreise in Bolivien. Gegen Ende des Aufenthaltes in dem südamerikanischen Land haben die Schülerin Caroline und der Schüler Nusrettin über ihre bisherigen Erfahrungen gesprochen.

Untergebracht war die insgesamt 20-köpfige Schülerdelegation aus dem Bistum Trier in Gastfamilien in Potosi, Santa Cruz und Sucre. Die jungen Leute aus drei Schulen haben an sozialen, kulturellen und ökologischen Workcamps teilgenommen und mit ihren bolivianischen Alterskollegen über die Zukunft gesprochen.

Caroline hat „sympathische Menschen“ kennen gelernt und bei den Ausflügen eine „beeindruckende Natur“ erlebt. Unvergessen wird der 16-Jährigen die erlebte Gastfreundschaft bleiben mit den Tagen an der Partnerschule, die ihre Gäste mit einem riesigen Programm empfangen hatte: „Das war wie bei einem Staatsgast“, erinnert sie sich. Caroline findet die Bolivienpartnerschaft des Bistums Trier eine gute Sache, weil sie langjährige Kontakte zwischen Schulen und Gruppen ermöglicht und damit auch die jetzt erlebte Möglichkeit zur Begegnung und zum Austausch.


Lehrerinnen aus Bolivien zu Gast am Hochwald-Gymnasium

Im Jahr 2010 wird die Partnerschaft zwischen dem Bistum Trier und Bolivien ihr 50 jähriges Jubiläum feiern. Sie geht zurück auf die Initiative der Bischöfe Matthias Wehr (1892 – 1967) und Kardinal Josef Maurer (1900-1990), der Erzbischof von Sucre war und aus Püttlingen stammte. Das Jubiläum dieser hermandad, wie die nachhaltige Zusammenarbeit zwischen der ältesten Diözese Deutschlands und dem Kernland Südamerikas auf Spanisch lautet, wird von vielfachen Aktivitäten und Besuchen geprägt. Im Rahmen der Partnerschaftsarbeit waren so vor kurzem rund 20 Lehrer und Lehrerinnen aus Bolivien in verschiedenen Teilen des Bistums unterwegs, um sich ein genaues Bild von Schule, Ausbildung und Schulsystem zu machen.

Zwei Kolleginnen vom Colegio Martin Sappl aus Santa Cruz de la Sierra weilten dabei für einige Tage in Wadern und waren Gäste am HWG. Im Vordergrund des Besuchs stand zunächst ein reges Interesse, das Schulprofil des Hochwald-Gymnasiums genauer kennen zu lernen, mit Lehrern und Schülern ins Gespräch zu kommen und das eigene Land einem aufgeschlossenen Zuhörerkreis näher vorzustellen.

Da Spanisch als dritte Fremdsprache am HWG unterrichtet wird, gab es eine große Zahl von Schülern, die im Gespräch mit den beiden Gästen einen sehr intensiven Erfahrungsaustausch erlebten. Die beiden Lehrerinnen Frida Ortega und Norma Peña stellten u.a. das Schulsystem in Bolivien vor und erläuterten dabei die unterschiedlichen sozialen und politischen Hintergründe, die zur Zeit die Bildungspolitik unter der Regierung des Aymara-Präsidenten Evo Morales bestimmen. Das Bildungssystem liegt in staatlicher Hand. Es gibt eine allgemeine Schulpflicht. Auf die Primaria (Klassen 1-8) baut die Secundaria (Klassen 9-12) auf, die mit dem Abitur abschließt. Die Schulen, vor allem in den kleineren Orten, sind oft nur schlecht ausgestattet. Lehrerinnen und Lehrer sind für europäische Verhältnisse mangelhaft ausgebildet und werden selbst für bolivianische Verhältnisse schlecht bezahlt (Monatsverdienst unter 100 US $). Oft üben sie Nebentätigkeiten aus, unter denen die schulische Arbeit leidet, manchmal sogar ausfällt. In einigen Gebieten gibt es trotz gesetzlicher Schulpflicht für Kinder keine Möglichkeit zum Schulbesuch, da für den Besuch der nächstgelegenen Schule ein stundenlanger Fußweg notwendig ist. In vielen Schulen findet der Unterricht nur in Spanisch statt, obwohl viele Kinder von zu Hause aus nur Quechua oder Aymara sprechen. Am privaten colegio Martin Sappl in Santa Cruz (das liegt im östlichen, fruchtbaren Tiefland Boliviens) arbeiten rund 50 Lehrkräfte. Die etwa 1000 Schüler werden aufgrund des Raum-bzw. Platzmangels entweder morgens oder nachmittags unterrichtet.

Perspektiven für eine bilaterale Zusammenarbeit zwischen dem Colegio Martin Sappl und dem HWG

Bis zum Sommer 2009 wird eine Gruppe von Lehrern in Santa Cruz ein Dossier mit Schülern der Jahrgangsstufen 10-11 zu Deutschland erarbeiten und dabei insbesondere das Bistum Trier ins Blickfeld nehmen. Dazu werden Fotoalben aus Santa Cruz (Alltag und Lebenswelt der Schüler und Schülerinnen, Schulalltag, Leben in der Großstadt, soziale Benachteiligung) nach Wadern geschickt, um den deutschen Schülern und Schülerinnen einen Bildausschnitt aus Bolivienzu vermitteln. Aufgrund der fehlenden Computerausstattung im colegio wird dieser Teil des Projektes konventionell durchgeführt. Es versteht sich von selbst, dass darüber hinaus rege Briefkontakte (E-Mail, Internet-Cafés in Santa-Cruz) hergestellt werden sollen, damit die Partnerschaft eine persönliche Dimension erhält und der Austausch mit dem fernen Land (über 10.ooo km trennen es von Deutschland) konkrete Züge annimmt. Am HWG sollen im Rahmen des interdisziplinären Seminarfachs zu Lateinamerika (Teilaspekt) als auch im Fachunterricht (Spanisch) ein fächerübergreifender Zugang zu Bolivien geebnet werden. Die Maßnahmen des colegio Martin Sappl werden von deutscher Seite aus ergänzt, mitgetragen und konstruktiv erweitert.

Por una cultura de paz – Für eine Kultur des Friedens

Die Zusammenarbeit mit dem Colegio Martin Sappl bewegt sich nicht (nur) in „binnenkatholischen Gewässern“ – denn, so die bisweilen ‚bange‘ Frage mancher Schüler und Schülerinnen beim Besuch der beiden Kolleginnen, „Muss man katholisch sein, um da mitzumachen?“ Der ideelle kirchliche Rahmen der Partnerschaft wird bei einer sich noch zu entwickelnden Zusammenarbeit zwischen beiden Schulen nicht aufgeweicht. Doch der Horizont einer Kooperation deckt weite Felder ab. Er reicht von friedenspädagogischen, wirtschaftsethischen, sozialpolitischen und kulturanthropologischen Fragen bis hin zum Fremdsprachenunterricht, dessen engagierter Weltbezug die anderen Aspekte stützt und vertieft. ‚Por una cultura de paz‘ ist daher keine leere Worthülse, die die Sehnsucht nach klischeehaften Schlagzeilen weckt. Es geht bei der Zusammenarbeit um eine Annäherung zweier unterschiedlicher Länder und Kulturen. Die Partnerschaftsarbeit soll das eingangs zitierte Motto mit Leben füllen und damit konkret einen Beitrag zur Globalisierung leisten, in deren Prozess Menschen das Fremde/den Fremden und das Andere/den Anderen „unter die Lupe nehmen“, um vielleicht schließlich auch mehr über sich selbst zu erfahren.

SOFIA: Die erste Freiwillige, die Schülerin des HWG war, arbeitet ab August in Santa-Cruz

SOFIA – Sozialer Friedensdienst im Ausland – dies bedeutet für das HWG und das Colegio Martin Sappl, dass Stella Arnas (Abiturjahrgang 2009) ab August einen Freiwilligendienst in Santa Cruz ableisten wird und damit die Beziehungen zwischen beiden Schulen vertiefen wird. Da sie auch in der Schule arbeitet, ist sie als Kontaktperson für die Partnerschaft ein idealer Adressat.


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